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Ich stimme Jarvis zu, aber…

Im von mir sehr geschätzten Blog Indiskretion Ehrensache von Thomas Knüwer bin ich auf den Vortrag von Jeff Jarvis auf der diesjährigen re:publica gestoßen. Es ist beeinruckend zu sehen, mit wie viel Energie Jarvis auftritt und wie locker er seine wohl durchdachten Thesen vorbringt. Typically american irgendwie, aber…

Ich stimme insofern sehr mit ihm überein, als dass auch ich glaube, dass das gemeinsame Teilen von Wissen  einen Mehrwert bringt. Deshalb ist es grundsätzlich besser, Grenzen im Netz einzureißen und sich über Inhalte auszutauschen. Ich teile auch die Sorge von Jarvis, dass sich das Netz von einem kreativen Ort des eigeninitiativischen Engagements stärker hin zu einem Konsum-Web entwickeln könnte. Allerdings teile ich seinen typisch amerikanischen Glauben an die Kraft des freien Marktes nicht.

Natürlich haben freie Märkte  unbestritten viele Vorteile.  Die Situation im Netz ohne weltweit gültige übergeordnete Regeln begünstigt aber  eben gerade nicht Pluralität und Vielfalt der Meinungen, sondern  die Herausbildung von Oligopolen. (Ähnliche Prozesse sind etwa in Deutschland seit der Liberalisierung des Strommarktes zu beobachten.) Um demokratische Strukturen zu erhalten, bedarf es eines festen institutionellen Bezugsrahmens (auch wenn viele Blogger so etwas immer wieder verteufeln) und klare kartellrechtliche Vorgaben, um den Markt zu zähmen. Ein solcher Rahmen ist meine Einschätzung nach im Netz leider bei weitem nicht in Sicht. (ich wäre froh, es könnte mich jemand hier eines besseren belehren…)

Auch Jarvis sieht dies letztlich so, denn er verweist auf Ansätze einer Art „Bill of Rights“ für das Netz, die er selbst für nötig zu erachten scheint.  Doch wer sollte so etwas durchsetzen?

Die Ablehnung vieler Deutscher gegen das Datenschutz-Gebahren von Facebook oder die Datensammel-Wut von Google, die Jarvis in seinem Vortrag bewusst angreift,  scheinen zumindest vor diesem Hintergrund verständlich. Denn selbst der Blödeste hat gemerkt, dass diese Unternehmen solche Anstrengungen nicht deshalb unternehmen, weil sie die Welt beglücken und besser machen wollen, sondern weil sie ein knallhartes Erwerbsinteresse verfolgen und dem shareholer value verpflichtet sind. Und ich kann jeden verstehen, der sich und seine Daten in dieser Hinsicht nicht ausgebeutet sehen will.

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